URTEIL: Arzt hat versäumt, Kontakt zu spezialisiertemSpital herzustellen – Anwalt:Wenig Chancen auf Mediationserfolg bei Kunstfehlern
BOZEN/NEAPEL (rc). 10.000 Euro sind einem achtjährigen Jungen als Schadenersatz zugesprochen worden, weil er aufgrund eines Behandlungsfehlers im Spital den linken Zeigefinger verloren hat. Fälle wie diese sollen künftig auch der verpflichtendenMediation unterliegen.
Rechstanwalt Markus Wenter, der den Jungen vor demLandesgericht Neapel vertreten hat, bezweifelt aber, dass es zu einer außergerichtlichen Einigung hätte kommen können. "Aufgrund meiner Erfahrung befürchte ich, dass derartige Schadenersatzforderungen auch künftig noch hauptsächlich vor Gericht erstritten werden müssen. Kunstfehler werden nur selten eingeräumt."
Wie berichtet, hatte sich sein junger Mandant am 30. August 2001 bei einem Aufenthalt in Sorrent den linken Zeigefinger in einem Fitnessgerät teilweise abgetrennt. Im Spital von Neapel sei derMutter abermitgeteilt worden, dass ein operativer Eingriff erst am 3. September erfolgen könne.
Daraufhin kehrte die Mutter mit dem Buben sofort nach Deutschland zurück. Aber es war zu spät: Der Finger musste abgenommen werden.
Laut medizinischem Gutachter hätte er aber gerettet werden können,wenn der Eingriff innerhalb von zehn bis zwölf Stunden nach dem Unfall vorgenommen worden wäre.
Der verantwortliche Arzt und das Spital wurden jetzt am LandesgerichtNeapel zu einer Schadenersatzzahlung von 10.000 Euro verurteilt. Das Gericht folgte damit Wenters Argumentation, der sich auf eineMaxime des Kassationsgerichtes berufen hatte. Derzufolge muss ein Arzt bzw. Spital, das eine Behandlung bzw. einen Eingriff nicht selbst durchführen kann, den Patienten sofort darüber informieren. Auch müssten die Verantwortlichen für den Patienten den Kontakt zu einer spezialisierten Klinik herstellen.